Bei einer Essstörung hängt meist das Selbstwertgefühl der Betroffenen sehr stark von der Bewertung ihrer Figur und dem Körpergewicht ab; das ganze Leben dreht sich oft nur noch um das Essverhalten. Mögliche Kennzeichen können zudem das Vermeiden „fettmachender“ Lebensmittel sein, die andauernde Beschäftigung mit der Figur und dem Körpergewicht, das unkontrollierte Essen großer Mengen von Nahrungsmitteln (sog. Essanfälle), selbstherbeigeführtes Erbrechen oder auch andauerndes Fasten sein. Viele Betroffene nehmen sich, trotz Normal- oder Untergewicht, selbst als zu dick oder fett wahr und haben massive Angst zuzunehmen.
Bei den Essstörungen unterscheiden wir grob
Außerdem beschreiben wir noch sog. „sonstige Essstörungen“. Hierbei werden nicht alle Kriterien einer der o.g. Essstörung erfüllt, jedoch ist das Essverhalten nicht mehr als „normal“ anzusehen, es besteht sowohl Leidensdruck, als auch Behandlungsbedarf.
Das Hauptkriterium der Anorexia nervosa ist das extrem starke Untergewicht (BMI unter 17,5). Dieses Untergewicht ist selbst herbeigeführt durch die Vermeidung von „fett machenden“ Lebensmitteln. Die betroffenen nehmen sich selbst als „zu fett“ wahr und fürchten sich davor „zu dick“ zu werden. Oftmals gehen bei den Frauen das Ausbeleiben der Regelblutung und bei den Männern der Verlust von sexuellem Interesse ein her. Auch bei einer Anorexie kann man Essanfälle haben, Erbrechen, Abführmittel benutzen etc., entscheidend für die Diagnose ist das Untergewicht!
Das Hauptkriterium der Bulimia nervosa sind die Essanfälle. Aus Angst vor einer Gewichtszunahme, versuchen die Betroffenen, nach einem Essanfall „gegenzuregulieren“. Die häufigste Art der Gegenregulation ist das selbstinduzierte Erbrechen. Es ist aber auch möglich, dass die Betroffenen danach Abführmittel nehmen, Sport treiben oder auch Mahlzeiten auslassen. Man muss also nicht erbrechen, um die Diagnose „Bulimie“ zu erfüllen.
Bei der Binge Eating Störung leiden die Betroffenen auch unter Essanfällen, jedoch kompensieren sie danach nicht so regelmäßig, wie Patienten mit einer Bulimie oder auch gar nicht, weshalb sich ihr Gewicht meist im oberen Bereich befindet.
In unserer Praxis werden Menschen mit Essstörungen kognitiv-verhaltenstherapeutisch behandelt, immer in enger Kooperation mit entsprechenden FachärztInnen. Sollte eine ambulante Therapie nicht ausreichend oder prognostisch günstig erscheinen, unterstützen wir eine Aufnahme zur stationären Behandlung in einer entsprechend spezialisierten Einrichtung.
Nach einer ausführlichen diagnostischen Phase besteht die Therapie im Wesentlichen aus Behandlungsbausteinen aus folgenden Bereichen:
(Gewicht im Normalbereich, ausgewogenes, flexibles Essverhalten ohne Verbote, Abbau von Essanfällen, selbstherbeigeführtem Erbrechen, Gebrauch von Abführmitteln, Appetitzüglern, Entwässerungsmitteln, Klistieren etc.)
(z.B. Themen wie mangelndes Selbstwertgefühl, Perfektionismus, Autonomie, Erwachsenwerden, Weiblichkeit)
Die sehr häufig bestehende ambivalente Behandlungsmotivation und mangelnde Krankheitseinsicht führen dazu, dass sich die Betroffenen erst Monate oder Jahre nach dem Erstauftreten der Symptomatik Unterstützung suchen, was zur Chronifizierung und Verschlechterung beitragen kann.
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Karin Schaar