Somatisierungsstörungen - Psychosomatische Erkrankungen

Wir sind gewohnt in Kategorien zu denken von Seele und Körper und beide als eigenständige Einheiten zu betrachten. Tatsächlich gibt es viele Wechselwirkungen zwischen Seele (Psyche) und Körper (Soma). Mit diesen Wechselwirkungen beschäftigt sich die psychosomatische Medizin.

In der psychotherapeutischen Praxis sind wir konfrontiert mit somatoformen Störungen, d.h. es sind körperliche Symptome entstanden, die durch die Abklärung organischer Ursachen gar nicht oder nicht ausreichend erklärt werden können.

1. somatoforme autonome Funktionsstörung:

  • Eine Patientin kommt nach einer Vielzahl von Untersuchungen beim Hausarzt und beim Gastroenterologen in unsere Sprechstunde. Sie leidet unter häufigem Aufstoßen, welches sich zunächst in Stresssituationen zeigte, später aber auch durchaus in „Ruhesituationen“ auftrat. Während der Psychotherapie konnten wir klären, dass ein bestimmter, chronifizierter Arbeitsplatzkonflikt als Auslöser und als aufrechterhaltende Bedingung dieses Symptoms fungierten.
  • Ein Patient reagiert in Stresssituationen mit verstärktem Stuhldrang, traut sich kaum noch aus dem Haus und versichert sich dann, dass eine Toilette in der Nähe ist. Mit der Zeit ist sein Aktionsradius immer stärker eingeschränkt. Er verzweifelt, da die Ärzte nichts finden, das seine Symptomatik erklären könnte.
  • Ein Pat. leidet unter für ihn unerklärlichen Anfällen von Herzrasen. Der Kardiologe erklärt, dass sein Herz in Ordnung sei, das da „etwas Psychisches“ dahinterstecken muss. „Klar habe ich in letzter Zeit viel Stress gehabt, aber das kann doch nicht zu solchem Herzrasen führen. Außerdem bekomme ich das doch auch, wenn ich ruhig im Sessel sitze.“ – Viele Pat. sind misstrauisch, fragen sich, ob ihr Arzt etwas übersehen hat und können nicht glauben, dass die Psyche solche starken Auswirkungen auf den Körper hat.

In einer Psychotherapie erstellen wir eine ausführliche Verhaltens- und Bedingungsanalyse, d.h. wir klären die Zusammenhänge zwischen dem Erleben des Pat. und seinen emotionalen Konflikten und dem Auftreten der körperlichen Störung. Dann erarbeiten wir Strategien, um die emotionalen Anteile des Konflikts zu lösen und zu lernen, mit den stressauslösenden, konflikthaften Situationen besser umzugehen.

2. anhaltende somatoforme Schmerzstörung

Hier ist die vorherrschende Beschwerde ein anhaltender, schwerer und quälender Schmerz, der durch einen physiologischen Prozess oder eine körperliche Störung nicht (vollständig) erklärt werden kann.

  • Eine Pat. leidet unter häufigen Kopfschmerzen, so dass sie ihrer Arbeit oft nicht nachgehen kann. Der Gebrauch von Schmerzmitteln steigt, sie weiß nicht, wie sie sonst den Tag überstehen soll.
  • Ein Pat. entwickelte nach mehreren Fistel-OP eine anhaltende quälende Schmerzsymptomatik. Die ursprünglichen Auslöser der Schmerzen, nämlich die eitrige Infektion ist inzwischen durch die OP und die anschließenden Heilungsprozesse vollständig verschwunden, dennoch leidet der Mann weiterhin unter Schmerzen. 
    Hier wird eine bestehende „Schmerzbahn“ weiter benutzt, um einen schweren seelischen Konflikt auszudrücken. Dies können aktuelle psychosoziale Belastungsfaktoren sein, aber auch Belastungen, sogar Traumatisierungen aus der Kindheit.

In solchen Fällen hilft – nach einer genauen Verhaltens- und Bedingungsanalyse der Symptomatik – das Erlernen eines Schmerzbewältigungsprogramms (psychologische Schmerztherapie). In unserer Praxis besteht dieses aus einem Programm mit hypnotherapeutischen und kognitiven Behandlungsanteilen. Ziel der Therapie ist eine Reduktion des Schmerzes, geringere Häufigkeit von Schmerzanfällen und die Steigerung der Lebensqualität. Selbstverständlich arbeiten wir dabei auch mit ärztlichen Schmerztherapeuten zusammen, die die entsprechende Medikation veranlassen und überwachen.

3. (chronische) körperliche Erkrankungen, die eine seelische Folgestörung auslösen

Selbstverständlich haben wir es auch mit einer Beziehung zwischen Seele und Körper zu tun, wenn wir eine feststellbare körperliche Erkrankung entwickelt haben, mit deren Folgen wir fertig werden müssen. Dabei entstehen häufig Depressionen und/ oder Ängste.

  • Eine junge Frau erfährt, dass sie an MS erkrankt ist. Schnell verschlimmert sich die körperliche Symptomatik und sie befürchtet, dass ihr gesamtes Leben einschließlich der Lebensziele sich verändern wird. Sie leidet sehr unter Gefühlen von Trauer, Verzweiflung und Resignation reagiert depressiv, welches wiederum eine ungünstige Auswirkung auf den somatischen Krankheitsprozess hat.

In solchen Fällen setzt die Psychotherapie an der Verarbeitung von belastenden Emotionen an und entwickelt gemeinsam mit dem Patienten (und dessen Angehörigen) ein Konzept zur aktiven Krankheitsbewältigung.